Otobong Nkanga wird mit Peter-Weiss-Preis ausgezeichnet
Die Stadt Bochum verleiht den Peter-Weiss-Preis 2019 an die Künstlerin Otobong Nkanga. Seit 1990 wird der städtische Kulturpreis, benannt nach dem Autor, Dramatiker, Maler und Filmemacher Peter Weiss, alle zwei Jahre an eine Persönlichkeit aus einer der Sparten Literatur, Theater, bildende Kunst und Film vergeben. Die Verleihung des Preises in der Sparte Bildende Kunst erfolgt 2019 zum vierten Mal. Die vorherigen Preisträger in dieser Sparte waren Jochen Gerz (1996), Hans Haacke (2004) und zuletzt Rosemarie Trockel (2010). Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert.
Die 14-köpfige Jury unter dem Vorsitz von Stadtrat Dietmar Dieckmann begründet ihre Entscheidung wie folgt: „Mit gutem Recht darf man in der Suche von Otobong Nkanga, geboren 1974 in Kano, Nigeria, eine Fortführung der ästhetischen Recherche sehen, die das Werk von Peter Weiss auszeichnet: der unbedingte Wille zum Verständnis von Welt durch eine ästhetische Aneignung derselben. Eine Aneignung die politische Implikationen nicht erzeugt, sondern deren Voraussetzungen nachzeichnet. Otobong Nkanga, Fotografin, Performerin, Plastikerin, Autorin, überwindet eine theoretische Ferne und Abstraktion und begreift ihre künstlerisch-anthropologischen Studien als den ganzen Menschen umfassende, konkrete Untersuchungen. Der Mensch sieht, fühlt, schmeckt, tastet und denkt. Die Zusammenhänge zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft sind ebenso vielfältig wie die Prägung des Einzelnen durch die Umwelt.
Ein Rohstoff wie das Mineral Glimmer, das in Nkangas Arbeit eine wichtige Rolle spielt, wird weltweit in der kosmetischen Industrie ebenso eingesetzt wie als elektrischer Isolator, als Schmiermittel, Oberflächenbeschichtung oder in der Farbindustrie. Dort, wo der Glimmer abgebaut wird – wie zum Beispiel in Nigeria – führt er aber nicht zu Wohlstand, sondern zu Armut, denn die Fährte des Verbrauchs führt aus dem Land und dem Kontinent hinaus. Wer dem Rohstoff folgt, wird in die Fremde geführt. Auf der Suche nach einer ,Ästhetik des Widerstands‘ sind wir im 21. Jahrhundert in Afrika angekommen, wo die Fäden, die Peter Weiss ausgeworfen hat, von Otobong Nkanga in der Gegenwart aufgenommen und zwischen Europa und Afrika weiter gesponnen werden.“
Otobong Nkanga wurde in Nigeria geboren, lebt und arbeitet allerdings bereits seit mehr als zehn Jahren in Antwerpen. 2017 gewann sie den Belgian Art Prize. 2019 wurde sie mit dem flämischen Ultima Preis für Bildende Kunst ausgezeichnet. Ihre Arbeit war auf der letzten Documenta sowie in der diesjährigen Hauptausstellung der Venedig Biennale zu sehen. Zurzeit ist sie Artist in Residence im Gropius Bau in Berlin.
Die öffentliche Preisverleihung der Peter-Weiss-Preis 2019 findet am 15. Dezember 2019 im Kunstmuseum Bochum statt.