Vorwort von Kathleen Rahn
Grußwort zu unserem Newsletter für November-Dezember 2019
Die umfangreiche Werkschau Koenraad Dedobbeleers (*1975 in Halle / BE, lebt in Brüssel) im Kunstverein Hannover, versammelt vornehmlich Arbeiten der letzten Jahre des flämischen Künstlers und wurde in Kooperation mit dem Kunstmuseum Winterthur sowie der Kunsthalle Wiels entwickelt. Im Mittelpunkt der künstlerischen Praxis Dedobbeleers steht die Frage, was sich in der heutigen Welt all jenen Gegenständen oder (Kunst-)Objekten, die für den Alltag, die Erbauung sowie den Luxus des Menschen hergestellt wurden, noch hinzufügen lässt. Dedobbeleer fragt nach der Herkunft der Dinge bzw. – wie bereits im Titel der Ausstellung (Sache: Gallery of Material Culture) angedeutet – nach der „Sache“ als solcher. Formal ist es hierbei gleichwertig, ob der Künstler seine Kunstwerke aus Gefundenem formt oder diese händisch oder maschinell generiert werden. High und Low werden humorvoll miteinander verwoben.
Die Ausstellung versammelt in Form einer sehr eigenen, musealen Präsentation Exponate, die sich von der Abbildung einer antiken Haartracht über ein Gipsmodell der Göttin Diana mit neuer Nase bis hin zu großen Objekten, die an Turngeräte erinnern, und wiederum Skulpturen, die Nüsse oder frisches Obst enthalten, erstrecken. Mehrere Objekte der Ausstellung dienen (in Tisch- oder gebauter Form) als Träger für gesammelte Gegenstände: Gefundene und gemachte Dinge, Reproduktionen oder Fotografien.
Kulturhistorisch gewachsene Sehgewohnheiten und europäisch geprägte Konventionen von Kunstausstellungen, werden in Dedobbeleers „Galerie der Materialkultur“ zu einer ganz eigenen imaginären und doch sehr realen Ausstellung, die nicht zuletzt an die Moderne und an von Alexander Dorner mit Künstlern in Hannover entwickelte, damals neue Formen der Ausstellungsinszenierung anknüpft.
Das Oeuvre dieses Künstlers, der gerade zum Professor an der Kunstakademie Düsseldorf ernannt wurde, fasziniert mich bereits seit über fünfzehn Jahren. Es ist vereinnahmend und lädt gleichzeitig zum Schmunzeln ein. Auch das Fanzine UP, das er seit 2006 gemeinsam mit Kris Kimpe herausgibt, schärft, mit Fotografien von utopischer und übersehener Architektur, den Blick auf die Welt.
Kathleen Rahn
Direktorin, Kunstverein Hannover