Bieke Depoorter 2015-2019
In einer Einzelausstellung, die zuvor im FOMU Antwerpen zu sehen war, legt die flämische Magnum-Fotografin Bieke Depoorter ihre künstlerische Entwicklung der letzten vier Jahre offen. Sie zeigt fünf aktuelle, teils fortlaufende Projekte, in denen sie sich mit gegenwärtigen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt und ihre Rolle als Fotografin sowie die Grenzen ihres Mediums hinterfragt.
Anfangspunkt der Ausstellung sind Arbeiten von 2015 - kurz danach wurde Depoorter als zum damaligen Zeitpunkt jüngste Fotografin zum Vollmitglied der renommierten Agentur Magnum Photos ernannt. Seit 2015 versteht sich Depoorter als Fotografin stets mehr als Außenstehende, während sie als Künstlerin nach Wegen sucht, die Lücke zwischen ihr und den Menschen, die sie fotografiert, zu schließen. Oft sind es am Ende gemeinsame Erzählungen von Fotografin und Porträtierten, die in die Arbeiten einfließen.
Mit der multimedialen Installation Sète#15 (2015), einer nächtlichen Reise durch die französische Hafenstadt Sète, und dem Kurzfilm Dvalemodus (2017) (auf Norwegisch "Winterschlaf“) beginnt Depoorter, ihre eigenen Erzählungen auf die Realität anderer Personen zu projizieren. Sie besucht Menschen und fotografiert sie in deren tatsächlicher, privater Umgebung. Dabei fiktionalisiert sie deren Darstellung durch Elemente ihrer eigenen Geschichte und verwischt damit die Grenze zwischen der Welt der anderen und ihrer eigenen.
Für die Serie As It May Be reiste Bieke Depoorter seit Beginn der Revolution 2011 regelmäßig nach Ägypten. Sie suchte nach Vertrauen in Zeiten von Aufruhr und Misstrauen und fragte Menschen, denen sie zufällig begegnete, ob sie die Nacht bei ihnen zu Hause verbringen könne. Frauen, Ehemänner und Kinder teilten ihr tägliches Leben, ihr Essen und sogar ihr Bett mit ihr. Im Jahr 2017 besuchte sie das Land mit dem ersten Entwurf des Buchs erneut und lud andere ein, Kommentare auf die Fotos zu schreiben. So entstehen gegensätzliche Ansichten über Land, Religion, Gesellschaft und Fotografie zwischen Menschen, die sich sonst wahrscheinlich nie begegnet wären.
Im selben Jahr beginnt die fortlaufende Serie Agata, über eine junge Performerin, die Depoorter in einem Stripclub in Paris begegnete. Zwischen den beiden entstand eine komplexe Beziehung und gemeinsame Arbeitsdynamik, aus der bis heute fortlaufend neue Porträts entstehen.
Die Serie "Michael" wiederum ist eine geradezu detektivische Arbeit. 2015 trifft Depoorter in Portland auf einen Mann namens Michael. Er gibt ihr drei Koffer voller Collagen und Schreibfetzen und verschwindet daraufhin spurlos. Bis heute sucht die Fotografin immer wieder nach ihm und versucht sein Leben zu verstehen. Für die Ausstellung im NRW-Forum arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Bruder, dem Medienkünstler Dries Depoorter, an einem neuen Kapitel dieser Arbeit.
Bieke Depoorter wurde 1986 in Kortrijk, Belgien, geboren. Sie hat Fotografie an der Königlichen Akademie der Schönen Künste Gent studiert, wo sie 2009 den Master-Abschluss erwarb. Drei Jahre später, im Alter von nur 25 Jahren, wurde sie von Magnum Photos nominiert, 2016 zum ordentlichen Mitglied ernannt. Depoorter hat mehrere Auszeichnungen und Ehrungen erhalten, darunter den Magnum Expression Award, den Larry Sultan Award und den Prix Levallois. Sie hat vier Bücher veröffentlicht: „Ou Menya”, “I am About to Call it a Day”, “As it May Be” und “Sète#15”.
Kuratiert wurde die Ausstellung von Joachim Naudts für das FOMU in Antwerpen, wo sie bis zum 10. Februar 2019 zu sehen war. Die Eröffnung ist am 21. November 2019 um 19:00 Uhr