Jean Brusselmans
Erstmals in Deutschland sind Werke des belgischen Künstlers Jean Brusselmans (1884–1953) in einer Einzelausstellung zu sehen. Eine Auswahl von 30 Gemälden aus den Jahren 1931 bis 1950 (darunter auch verschiedene Leihgaben aus flämischen Sammlungen wie die Herbert Foundation in Gent, das Mu.ZEE in Ostende, das Groeningemuseum in Brügge und das Museum voor Schone Kunsten in Gent) wird vom 1. Juli bis zum 14. Oktober 2018 von den Kunstsammlungen Chemnitz gezeigt.
Jean Brusselmans wurde 1884 in einem Arbeiterviertel in Brüssel als zweites Kind von Schneidern geboren. Seine Großeltern führten das Kabarett „Demi-Lune“, ein Treffpunkt für Anarchisten, die die Bourgeoisie ablehnten und für die absolute Freiheit des Einzelnen eintraten. Das liberale Denken und Selbstbewusstsein, das er als Kind und junger Mann in seiner unmittelbaren Umgebung wahrnahm, prägten auch seine künstlerische Entwicklung. Er versuchte, seinen eigenen Weg und Stil zu finden, ganz unabhängig von aktuellen Tendenzen in der Kunstwelt. Zwar machte Brusselmans Bekanntschaft mit Künstlerkollegen, Sammlern, Galeristen und Kritikern, blieb auf der Suche nach der individuellen Ausdrucksweise aber weitestgehend isoliert. Ende der 1920er-Jahre fand er eine Form, mit der er zufrieden war und die er fortan perfektionierte. So entstanden zwischen 1930 und 1950 Gemälde, die Brusselmans markanten Stil zeigen und zu seinen Meisterwerken zählen.
Der Künstler stellte die Welt in seinen Bildern sachlich, beinah emotionslos dar. Die Figuren wirken ausdruckslos und starr mit ihren skizzenhaften Gesichtern. Sie gehen ohne jegliche Mimik ihren Tätigkeiten nach: Eine Frau, die die Bodenkammer schrubbt, zeigt denselben regungslosen Ausdruck wie eine auf dem Sofa sitzende Dame oder weibliche Gäste an einem Strand. Die Gegenstände in Brusselmans Stillleben nehmen penibel arrangiert den Bildraum ein. In ihrer flächigen, konstruktivistischen Malweise mit schwarzer Umrandung erinnern sie an Werke des französischen Künstlers Henri Matisse (1869–1954). Brusselmans Landschaften sind menschenleer und strahlen eine gewisse Melancholie aus. Die Werke des Künstlers vermitteln Einsamkeit und Isolation. Zeigt sich in einem Bild eine Gruppe, gibt es kein Miteinander, sondern jede einzelne Figur ist nur bei sich. Spiegelt sich hier Brusselmans eigene Lebenswelt wider?
Auch wenn Jean Brusselmans in Belgien ein großes Renommee genießt, ist er einem größeren Publikum nicht bekannt. 2011 stellte das Mu.ZEE in Ostende eine erste größere Retrospektive seines Werks aus. 2018 zeigte das Gemeentemuseum in Den Haag die nun auch in Chemnitz zu sehende Präsentation. Angeregt durch den niederländischen Künstler Jan Dibbets, wurde die Ausstellung in Den Haag durch den Chefkurator Hans Janssen konzipiert. In den Kunstsammlungen Chemnitz wird sie leicht verändert gezeigt.
Die Ausstellung eröffnet am Samstag, 30. Juni 2018, 17 Uhr