Jeder stirbt für sich allein

Luk Perceval

"Jeder Stirbt für sich allein", Regie: Luk Perceval © Annette Kurz

  • 19:30 Uhr

Spitzel und Denunzianten, Spieler und Betrüger bevölkern das Berlin der frühen vierziger Jahre. Mit beharrlichem Widerstand kämpfen die Eheleute Anna und Otto Quangel gegen das Nazi­regime, rufen mit handgeschriebenen Karten zum Kampf gegen Hitler auf. Doch bald sind die beiden im klaustrophobischen Berlin selbst Gejagte. „Der Führer hat mir meinen Sohn ermordet!“ Mit diesem Satz auf einer Postkarte beginnt der ungewöhnliche Widerstand eines einfachen Arbeiterpaares zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in Berlin. Hans Fallada erzählt die Geschichte von Anna und Otto Quangel, die nach dem Kriegstod des Sohnes mit einfachsten Mitteln den Kampf gegen die Maschinerie des Nazistaates aufnehmen. Mehr als 200 handgeschriebene Postkarten und Briefe, abgelegt auf Treppen und Hausfluren willkürlich ausgesuchter Wohnhäuser, verteilt das Paar in den Jahren 1940 bis 1942. Doch schon bald geraten sie ins Visier des Kriminalkommissars Escherich, der selbst, mehr karrierebewusster Mitläufer als glühender Nazi, unter dem Druck seiner Vorgesetzten in Zugzwang gerät.

Hans Fallada verfasste seinen Roman "Jeder stirbt für sich allein" anhand der Prozessakten des Ehepaares Otto und Elise Hampel, die 1943 im Gefängnis Plötzensee von den Nazis hingerichtet wurden und deren Karten bis heute überliefert sind. 60 Jahre nach seinem Tod avancierte Falladas Roman in erstmals unveränderter Ausgabe gerade zum internationalen Bestseller. Es ist der erste Widerstandsroman eines nicht emigrierten Schriftstellers, verfasst in einer beeindruckenden Schreibwut. Zwischen Aufenthalten in Nervenkliniken schreibt Fallada manisch 899 Seiten in vier Wochen und stirbt drei Monate nach Beendigung an Herzversagen.

Hilflose, unorganisierte und folgenlose Widerstandsversuche zweier isolierter Einzelkämpfer? Für Regisseur Luk Perceval (1957 in Lommel geboren) birgt gerade die Naivität und selbstlose Liebe dieses Paares die utopische Sprengkraft des Stoffes. Seine Inszenierung ging 2012 in Premiere, wurde nominiert für den FAUST-Theaterpreis 2013 in der Kategorie Regie und Bühne und im selben Jahr zum Theatertreffen eingeladen.

Nach neun Jahren als leitender Regisseur beim Thalia Theater verabschiedet Perceval sich von Hamburg. Als freier Regisseur sind seine Vorstellungen in den kommenden Monaten u.a in Genf, St. Petersburg und Frankfurt am Main zu sehen.

Mehr Informationen

Newsletter

Sie möchten über Kultur aus Flandern auf dem Laufenden bleiben? Gern senden wir Ihnen alle zwei Monate unseren Newsletter.